Der Production Gap bezeichnet jene Differenz in der Produktion von fossilen Brennstoffen, die aus den Plänen der Regierung und den Zielen, die zu erreichen sie mit dem Pariser Klimaabkommen versprochen haben, entsteht. 2015 haben sich viele Staaten verpflichtet, die Erderwärmung auf 1,5°C über den vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Ihre Pläne sprechen jedoch eine ganz andere Sprache: Die zwanzig Länder, die am meisten fossile Brennstoffe fördern, planen bis 2030 mehr als das Doppelte zu fördern, als für das Erreichen des 1,5°C-Ziels möglich wäre. Das geht aus dem aktuellen Bericht der UNEP (United Nations Environment Programme) hervor, der hier abrufbar ist.
Since it was first quantified in 2019, the global production gap has remained largely unchanged. Despite encouraging signs of an emerging clean energy transition, the world’s governments still plan to produce more than double the amount of fossil fuels in 2030 than would be consistent with limiting warming to 1.5°C.
SEI, Climate Analytics, E3G, IISD, and UNEP. (2023). The Production Gap: Phasing down or phasing up? Top fossil fuel producers plan even more extraction despite climate promises. Stockholm Environment Institute, Climate Analytics, E3G, International Institute for Sustainable Development and United Nations Environment Programme. S.4
Die Pläne der 10 reichsten Produzenten von fossilen Brennstoffen übersteigen den 1,5°C-Pfad bereits 2040 und zwar für jeden einzelnen fossilen Brennstoff. Anstatt also die Produktion zu reduzieren und sich auf den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen zu konzentrieren, planen die Regierungen sogar, die Produktion mindestens bis 2050 zu erhöhen (Ebd. S.21). Dabei wird erwartet, dass die Spitze des Gasbedarfs noch in diesem Jahrzehnt überschritten wird, auch ohne neue Klima-Maßnahmen (vgl. Ebd. S.22).
Da die Pläne der Regierungen Investitionen in den weiteren Ausbau der Kohle-, Öl- und Gasinfrastruktur nicht nur beeinflussen, sondern legitimieren und befeuern, besteht das Risiko eines Lock-in-Effekts auf fossile Brennstoffe. Wie eine selbst erfüllende Prophezeiung bleibt die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bestehen (vgl. Ebd. S.21).
Was die Produzenten und auch die Regierungen übersehen: ihre Pläne führen nicht nur in eine größere Abhängigkeit, sie laufen Gefahr, hier Millionen und Milliarden in den Sand zu setzen. Die Energiewende wird kommen und die teuren Produktionsanlagen, die Brennstoffe liefern, die keiner mehr brauchen wird, werden zu Klötzen an den Beinen jeder Länder, die die Zeichen der Zeit jetzt nicht erkennen.
The extraction and processing of coal, oil, and gas can deepen existing inequities and indebtedness, is often associated with local pollution, ecological damage, and human rights violations, and comes with long-term liabilities for the public to fund labour and environmental rehabilitation and remediation costs for abandoned coal mines and oil and gas wells (Achakulwisut et al., 2021; Amnesty International, 2017; Gaventa, 2021; Grubert & Hastings-Simon, 2022).
SEI, Climate Analytics, E3G, IISD, and UNEP. (2023). S.32.
Zu viel Produktionskapazität
Berechnet man den CO2-Ausstoß, den jene Menge an fossilen Brennstoffen freisetzen würde, die mit den bereits existierenden Produktionsanlagen – über ihre Lebenszeit gerechnet – erzeugt werden wird, dann übersteigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir das 1,5°C-Ziel bis 2100 verfehlen, bereits die 50%-Marke.
Das bedeutet, dass wir mit den vorhandenen Anlagen so viel fossile Brennstoffe fördern, dass der CO2-Ausstoß, den sie verursachen, unser CO2-Budget übersteigt, mit dem wir die globale Erwärumung bis 2100 auf 1,5°C begrenzen könnten.
Das würde bedeuten, so der Bericht weiter, dass keine neuen Gas- und Ölvorkommen gefördert werden dürfen, solange die bestehenden Anlagen in Betrieb sind.
Research has found that the committed emissions of CO2 expected to occur over the lifetime of existing fossil-fuel-producing infrastructure already exceed the remaining carbon budget for a 50% chance of limiting warming to 1.5°C by 2100. This implies that no new coal mines and oil and gas fields can be developed unless existing infrastructure is retired early […].
SEI, Climate Analytics, E3G, IISD, and UNEP. (2023). S.8
Gas ist kein Transition Fuel
Erdgas wird gern als „Brückentechnologie“ bezeichnet, da angeblich die CO2-Belastung geringer sei als bei anderen fossilen Brennstoffen. Aufgrund der besseren Datenlage weiß man aber mittlerweile, dass die Vorteile gegenüber anderen fossilen Brennstoffen geringer sind als bislang angenommen. Im letzten Jahrzehnt hatte Erdgas den meisten Anteil am Anstieg an CO2-Emissionen und die Pläne für die Erdgasförderung übersteigen unser CO2-Budget bei weitem (vgl. Ebd. S. 38ff).
Many countries are promoting gas as a “bridge” or “transition” fuel, but with no apparent plans to transition away from it. […] However, gas could hinder or delay the transition to renewable energy systems by locking in fossil-fuel-based systems and institutions. Moreover, despite some local air pollution benefits when substituting for coal, advances in the quantification of methane leakage along the gas supply chain have substantially reduced the expected climate benefits of replacing coal with gas.
SEI, Climate Analytics, E3G, IISD, and UNEP. (2023). S.5
Der fehlende politische Wille und das Unvermögen der Weltgemeinschaft, die Förderung, Produktion und Nutzung von fossilen Brennstoffen zu reduzieren, setzt eine lebenswerte und sichere Zukunft aufs Spiel.
Um die Erderhitzung auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, müssen die Regierungen bis 2040 komplett aus der Kohleproduktion aussteigen und die Öl- und Gasproduktion bis 2050 um drei Viertel reduzieren. Der Ausstieg und die Reduktion müssen sofort beginnen. Diese Ziele sind absoluten Minimalziele. Reiche Nationen wie Österreich müssen schneller sein als der globale Durchschnitt, um negative Effekte durch wirtschaftsschwache Länder aufzufangen (vgl. Ebd. S.33)