ADX Energy Ltd. stellt im Bescheid Behauptungen auf, die uns stutzig gemacht haben. Was ist Fakt, was ist Fake? Wieder einmal machen wir uns auf die Suche nach der Wahrheit.
Behauptung 1
„Immer neue Eingaben (Anm.: von den Projektgegnern an die zuständigen Behörden) mit teils haarsträubenden Falschinformationen und irreführenden Behauptungen sind dafür verantwortlich, dass sich die naturschutzrechtliche Genehmigung weiter verzögert.“ (Presseaussendung ADX (pts016/24.11.2023/12:30))
Fakt: Die von der Bürgerinitiative veröffentlichten und an die zuständigen Behörden weitergeleiteten Informationen basieren auf Publikationen, Erhebungen und Datenauswertungen von namhaften Wissenschaftler:innen. Die Bürgerinitiative „Pro Natur Steyrtal“ hat mit Schreiben vom 19.6.2023 auf streng geschützte Arten nach Anhang IV der FFH Richtlinie hingewiesen, mit dem Schreiben vom 7.9.2023 auf das Vorkommen von streng geschützten Fledermausarten. Der Amtssachverständige ist darauf in seiner Stellungnahme vom 17.7.2023 bzw. vom 13.9.2023
eingegangen.
Mit Schreiben vom 09. August 2023 ersuchte die Firma ADX VIE GmbH um Fristerstreckung für ihre Stellungnahme zum Gutachten bis 15. September 2023, was auch gewährt wurde. (Bescheid S. 39) Die Behörde merkt dazu im Bescheid an: Zur Dauer des Verfahrens ist festzustellen, dass bereits im Dezember 2022 auf eine Bewilligungspflicht hingewiesen worden war. Warum dann erst am 15. September 2023 ein entsprechender und vor allem vollständiger Antrag (Anm.: von ADX) gestellt und gleichzeitig versucht wurde, das Verfahren durch laufende
urgierende Telefonate bei verschiedensten Personen zu beschleunigen, konnte nicht nachvollzogen werden. Seitens der Behörde waren die gesetzlich vorgesehenen Schritte einzuhalten und konnte davon auch für die ADX VIE GmbH keine Ausnahme von gesetzlichen Regelungen gemacht werden. (Bescheid S. 112)
Behauptung 2
Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Oö. Landesregierung als zuständige Naturschutzbehörde der Antragstellerin die diesbezüglich beantragte (Ausnahme-) Bewilligung nach § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001 im Sinne einer Rechtsentscheidung – allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen – jedenfalls zu erteilen haben wird. (Bescheid, S. 46)
Fakt: Dazu merkt die Behörde im Bescheid an: „Auch ist klarzustellen, dass nicht die Antragstellerin feststellt, ob eine Bewilligung zu erteilen ist, sondern dies Sache der Behörde ist, die nach einem vollständigen und vor allem gesetzeskonformen Verfahren entscheidet.“ (Bescheid S. 112)
Behauptung 3
„Allein dieser an den Bund zu bezahlende Förderzins wird übrigens bei einem Erdgasfund im wahrscheinlichsten Fall bei einer erwarteten Fördermenge von 24 Milliarden Kubikmeter (m³) Erdgas…“ (Bescheid S. 50)
„Modernste geologische Untersuchungen haben nunmehr ergeben, dass die geplante Bohrung „Welchau 1 (WEL-001)“ bei einem Erfolg im wahrscheinlichsten Fall (sog P50-Fall) ein Vorkommen in der Größe von ca. 24 Milliarden m³ Erdgas nachweisen kann, was ca. 270 TWh, mindestens aber 10 Milliarden m³ entspricht. Im besten Fall rechnet man sogar mit bis zu 46 Milliarden m³ Erdgas, was ca. 520 TWh entspricht…“(Bescheid S. 53)
„…die geringste zu erwartende Fundgröße (115 TWh, P90 Fall, oder 90% Wahrscheinlichkeit, dass der Fund mindestens so groß oder größer ist)“ (Bescheid S. 79)
„Die wahrscheinlichste Fundgröße laut dem der Naturschutzbehörde vorliegenden unabhängigen Ressourcen Bericht beträgt 220 TWh, die maximale mögliche Fundgröße wird auf bis zu 370 TWh beziffert“ (Bescheid S. 79)
Fakt? Zur Erinnerung: in diversen Printmedien und Aussendungen von ADX, zuletzt vom 22.6.2023 (Upper Austria Exploration Portfolio, Prospective Resources Update) war immer die Rede von 134 MMboe als „best technical prospective resource“, also im besten Fall, die Rede. Das entspricht rd. 21 Mrd m³ Gas. Im Bescheid auf Seite 50 (s.oben) ist die Rede von im wahrscheinlichsten Fall 24 Mrd m³ Gas. Entspricht einem Energiegehalt von etwa 270 TWh. Auf Seite 53 (s. oben) steigert sich die Prognose von ADX auf „bestenfalls“ 46 Mrd m³ (entsprechend etwa 520 TWh), mindestens aber 10 Mrd m³. Auf Seite 79 pendelt sich der Wert „bestenfalls“ wieder etwas niedriger ein, jetzt sind es nur mehr 370 TWh. Und die wahrscheinlichste Fundgröße 220 TWh. Mindestens aber 115 TWh.
Verwirrend?
Fakt ist, dass ADX mit einer sehr großen Bandbreite an Angaben über die zu erwartende Gasmenge argumentiert. Was tatsächlich Fakt ist, kann nicht nachvollzogen werden.
Behauptung 4
…“dass die Chancen für einen Gasfund auf Grund der umfangreichen Kenntnisse über den Standort und dessen Umgebung außergewöhnlich gut eingeschätzt werden können, und dass davon ausgehend die Wahrscheinlichkeit, dass am geplanten Standort tatsächlich Erdgas in einem – auch aus volkswirtschaftlicher Sicht – beträchtlichem
Ausmaß gefunden wird, sehr gut sind“….(Bescheid S. 83)
…Die Fundwahrscheinlichkeit der Explorationsbohrung Welchau 1 kann auch im internationalen Kontext eingeordnet werden. Im Vergleich zu anderen erdgashöffigen Überschiebungsgürteln dieser Welt, wie den Rocky Mountains (USA), dem Apennin (Italien), Kurdistan (Irak) oder Papua Neuguinea, können die Chancen für einen Gasfund in Welchau als außergewöhnlich gut eingeschätzt werden… (Bescheid S. 80)
Fakt: Dazu merkt die Behörde im Bescheid an – „Der übersetzte Ressourcen-Prüfprojekt zum Prospekt Welchau, Konzessionsgebiet ADX-AT-II, Österreich, der für die Pinedale Energy Limited am 23. Dezember 2022 erstellt wurde, ist hinsichtlich der geologischen Erfolgschance der Wahrscheinlichkeit, dass eine Bohrung bei diesem Prospekt zu einem Fund führt, geschwärzt bzw. in der beglaubigten Übersetzung nicht angeführt. Eine konkrete Nachfrage, wie hoch konkret die Wahrscheinlichkeit des Gasfundes sei, wurde von der Antragstellerin selbst mit „außerordentlich gut“ bewertet, ohne jedoch einen konkreten Wert zu nennen oder die geschwärzte (bzw. nicht ausgefüllte) Tabelle zu ergänzen, da dies „Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse“ darstellen würden. Da die Wahrscheinlichkeit eines Gasfundes in diversen Presseberichten kursierte (vgl Kurier 7.9.2023, 0-20% Fundwahrscheinlichkeit) bzw. die Antragstellerin selber diverse Wahrscheinlichkeiten bekanntgab – sofern diese Meldungen korrekt wiedergegeben wurden – erstaunte die gewählte Vorgangsweise gegenüber der Behörde, ist dies doch zentraler Punkt der Interessenabwägung. Noch erstaunlicher war der Umstand, dass sich die Fundwahrscheinlichkeit jedoch im montanbehördlichen Bescheid wiederfand, also ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis offenbar jedoch nur gegenüber der Naturschutzbehörde – aus welchem Grund auch immer – vorlag.“ (Bescheid S. 84)
Montanbehördlicher Bescheid, Seite 101: es ist von einer „geringen Fundwahrscheinlichkeit von ca.
20%“ auszugehen.
Behauptung 5
„Die Österreichische Energieagentur analysierte im Auftrag des Klimaschutzministeriums strategische Handlungsoptionen für eine österreichische Gasversorgung ohne Importe aus Russland. Sie hebt drei Punkte hervor, mit denen bis 2027 die Importabhängigkeit beendet werden könnte: Einerseits ist eine Reduktion des
Gesamtverbrauchs notwendig (minus 29 TWh), andererseits muss die Inlandsaufbringung von erneuerbaren Gasen vorangetrieben werden (plus 14 TWh). Die Gasimporte sollen durch andere Bezugsländer diversifiziert werden. Die inländische Förderung von 10 TWh Erdgas soll auf gleichem Niveau bleiben.“… (Bescheid S. 50)
Fakt: Stimmt!
Behauptung 6
„Dem steht jedoch eine schon seit Jahren rückläufige Produktion von Erdgas in Österreich gegenüber. Im Jahr 2022 wurden nur mehr 600 Millionen m³ Gas produziert. Das entspricht bei Gas einem Anteil von nur mehr 5,8 % des jährlichen Bedarfs (Stand 2021) […} Das heißt, die Erschließung heimischer Erdgasvorkommen im Allgemeinen und damit auch die Erschließung des in Rede stehenden Erdgasvorkommens auf Grund seines erwarteten Ausmaßes im Besonderen (siehe sogleich) sind unbedingt erforderlich, damit Österreich sein Ziel, die Importabhängigkeit von Russland bis 2027 zu beenden, erreichen kann. (Bescheid S. 51)
Fakt: Die Zahlen für Österreich für 2022 (statista) weisen einen Gesamtverbrauch von 88,06 TWh Gas aus bei einer Eigenversorgung von 6,8 TWh (das entspricht 7,7%). Der im Pkt. 5 zitierte Bericht der österreichischen Energieagentur aus dem Jahr 2022 (Österreichische Energieagentur 2022) geht davon aus, dass ein „Sockelbetrag“ von 10 TWh heimischer Erdgasaufbringung erhalten werden sollte um die Gasversorgung in Österreich auch bei einem Ausstieg aus dem Russlandvertrag bis 2027 sicherstellen zu können. Dazu kommt, dass im Juli ein Gasfund der OMV in Niederösterreich bekannt wurde, laut einer Aussendung der OMV mit einem erwartbaren Potential von 48 TWh, was ab 2025 eine Erhöhung der Inlandsaufbringung um 50 Prozent bedeuten würde. Zusätzlich gibt es laut diesem Pressebericht ab 2026 einen Liefervertrag für LNG Gas mit BP in der Größenordnung von etwa 15 TWh.
Der Gasverbrauch in Österreich ist rückläufig. „Insgesamt war der Gasverbrauch im Jahr 2022 um 8 TWh geringer als im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017-2021. 2 TWh davon sind auf die überdurchschnittlich warmen Temperaturen zurückzuführen, der mit 6 TWh größere Teil wurde unabhängig vom Wetter eingespart. Im Zeitraum zwischen August 2022 und März 2023 wurden insgesamt sogar rund 14 TWh weniger Gas verbraucht als im Durchschnitt der Jahre 2017-2021, wobei fast zwei Drittel der Einsparungen unabhängig von der Temperatur sind.“
Welchen jährlichen Beitrag ein möglicher Gasfund in Molln für die Sicherstellung einer ausreichenden Gasversorgung in Österreich leisten könnte, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Fakt ist jedoch, dass die zusätzliche Erschließung einer möglicherweise vorhandenen Gasressource in Molln für die Versorgung mit Gas in Österreich nicht nötig ist.
Fakt ist auch, dass das Argument, das Gas aus Molln könnte russisches Gas ersetzen, nicht zutreffend ist. Weil entweder der Vertrag, wie vielfach kommuniziert, ohnehin bis 2040 nicht kündbar ist, oder, wenn ein Ausstieg bis 2027 möglich sein sollte, dieser entsprechend den unter Pkt. 5 zitierten Schritten bewältigt werden kann.